- Betriebsvereinbarung
- I. Begriff:Vereinbarung auf betrieblicher Ebene zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, durch die Bestimmungen getroffen werden können, die unmittelbar auf das ⇡ Arbeitsverhältnis einwirken. B. werden als Verträge zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen.- Anders: Vom Arbeitgeber einseitig durch gleich lautende Verträge (⇡ vertragliche Einheitsregelungen) oder ⇡ Gesamtzusagen (z.B. Ruhegeldrichtlinien, Gratifikationsordnungen) getroffene Regelungen und ⇡ betriebliche Übung.- Im öffentlichen Dienst: ⇡ Dienstvereinbarung.II. Abschluss, Inhalt und Ende von B.:1. B. sind schriftlich niederzulegen (Wirksamkeitsvoraussetzung) und vom Betriebsrat und Arbeitgeber zu unterzeichnen (§ 77 II BetrVG). B. sind vom Arbeitgeber an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen (§ 77 II 3 BetrVG; Ordnungsvorschrift).- 2. Regelungen: a) Regelungen organisatorischer Angelegenheiten, z.B. Sprechstunden (§ 39 I BetrVG), b) Verpflichtungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und c) zwingend und unmittelbar auf die Arbeitsverhältnisse einwirkende Regelungen, z.B. Schichtpläne, Gleitzeitordnung, Urlaubsplan, Akkordsätze (§ 77 IV 1 BetrVG).- 3. Arten von B.: (1) Erzwingbare B.: B., bei denen der Betriebsrat bei Weigerung des Arbeitgebers die ⇡ Einigungsstelle anrufen kann und deren Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt (vgl. z.B. § 87 II BetrVG); (2) freiwillige B.: Die übrigen B.- 4. Gegenüber Gesetz und Tarifvertrag ist die B. die schwächere Rechtsquelle. In den Fällen des § 87 BetrVG (⇡ soziale Angelegenheiten) greift die erzwingbare Mitbestimmung nur ein, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht vorliegt (§ 87 Einleitungssatz BetrVG) (Sperrwirkung des Gesetzes oder des Tarifvertrages).- Im Übrigen sind gemäß § 77 III BetrVG B. nicht zulässig, soweit Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise (in dem betreffenden Wirtschaftszweig) durch Tarifvertrag geregelt werden, es sei denn, dass ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender B. ausdrücklich zulässt (Vorrang des Tarifvertrags).– (5.) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unterliegen B. einer Billigkeitskontrolle durch die ⇡ Arbeitsgerichte.- 6. Die B. tritt zu dem vereinbarten Zeitpunkt in Kraft. Von ihren Wirkungen werden alle Arbeitnehmer des Betriebs und die später eingestellten erfasst.- Die Geltung der B. endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit, durch Abschluss einer neuen B. oder durch Kündigung. B. können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden (§ 77 V BetrVG). Nach § 77 VI gilt eine abgelaufene B. hinsichtlich derjenigen Regelungen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, bis zu einer anderen Abmachung weiter. Bei anderen Regelungen in Form der B. entfällt also jede Nachwirkung.- 7. Werden den Arbeitnehmern durch die B. Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung von Rechten ist ausgeschlossen. Die Vereinbarung von ⇡ Ausschlussfristen oder Abkürzung von Verjährungsfristen ist nur in einer B. oder einem Tarifvertrag möglich (§ 77 IV BetrVG).III. Verhältnis zum Einzelarbeitsvertrag:Bei einem Widerstreit von B. und Einzelarbeitsvertrag gilt wie beim ⇡ Tarifvertrag das ⇡ Günstigkeitsprinzip, obgleich dies nicht ausdrücklich im BetrVG geregelt ist. Auch soweit zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers (Gratifikationen, Ruhegelder, Jubiläumszuwendungen etc.) durch vertragliche Einheitsregelungen den Arbeitnehmern zugesagt worden sind, können sie i.d.R. nicht durch B. verschlechtert werden, es sei denn, Ablösungen seien von vornherein vorbehalten gewesen (Beschluss des Großen Senats des BAG vom 16.9.1986, GS 1/82).
Lexikon der Economics. 2013.